Das Augenmotiv in "Der Sandmann"

17. Dezember 2024

Darstellung des Themas:

Im Rahmen des Deutschunterrichts haben wir das Buch „Der Sandmann“ von E.T.A Hoffmann, das erstmals 1816 veröffentlicht wurde, gelesen und anschliessend im Unterricht besprochen. Im ersten Teil der Besprechung ging es vor allem darum, den Text zu sichern und zu erschliessen. In diesem konkreten Fall bedeutete dies, Verständnisfragen und eventuelle Verständnisschwierigkeiten zu klären, die aufgrund der von Hoffmann verwendeten Sprache auftraten. Dann haben wir uns mit der Epoche beschäftigt, in der das Buch entstanden ist, der Romantik. Die literarische Epoche der Romantik beschäftigte sich hauptsächlich mit Gefühlen und war eine Art Gegenbewegung zum rationalen Denken.

Im Mittelpunkt des Sandmanns stehen Nathanael, Clara, Lothar und Coppola bzw. Coppelius. Nathanael wird von einem Kindheitstrauma heimgesucht, da er den Familienanwalt Coppelius für den Sandmann hält, eine Märchenfigur, die Kindern Sand in die Augen streut. Daher hat er Angst, sein Augenlicht zu verlieren.

Die Geschichte beginnt in Briefform und schildert Nathanaels Kindheitserlebnisse. Später glaubt er, den Sandmann in Coppola, einem Wetterglashändler, wiederzuerkennen. Während Clara seine Ängste rational zu erklären versucht, verstärken Coppola und die Begegnung mit der künstlichen Frau Olympia Nathanaels inneren Konflikt und Realitätsverlust. Schliesslich stürzt er sich in den Tod, nachdem er durch Coppolas Wetterglas erneut in seine Wahnwelt entführt wurde.

Augenmotiv

Ich habe mich für das  Augenmotiv entschieden, da es ein zentraler Bestandteil der Erzählung ist. Welches sowohl die Figuren als auch die Handlung Prägt. Nathanaels Kindheitstrauma dreht sich um die Vorstellung des Sandmanns, der laut einem Märchen Sand in die Augen von Kindern streut, um diese zu stehlen. Dieses Motiv wird durch die Begegnung mit Coppelius intensiviert, den Nathanael als personifizierten Sandmann erlebt: „Mein Vater hob flehend die Hände empor und rief: Meister! Meister! lass meinem Nathanael die Augen – lass sie ihm!“ (S. 15).

Die Augen fungieren in der Erzählung als Symbol für Wahrnehmung und Erkenntnis, gleichzeitig aber auch für Täuschung und Verwundbarkeit. Besonders deutlich wird dies in Nathanaels Beziehung zu Olympia, der mechanischen Puppe. Ihre Augen, die er als lebendig wahrnimmt, sind tatsächlich künstlich, was zeigt, wie sehr Nathanael sich in seiner Wahrnehmung täuscht: „Ihre Augen hatten etwas Starres, beinahe möchte ich sagen, keine Seh-Kraft“ (S. 23). Dieses Motiv unterstreicht, wie leicht die Wahrnehmung manipuliert werden kann und wie Nathanaels Realität zunehmend durch seine Ängste und Obsessionen verzerrt wird.

Auch Coppola, der Wetterglashändler, verstärkt das Augenmotiv. Seine optischen Instrumente, die angeblich Klarheit bringen sollen, fördern in Wirklichkeit Nathanaels Wahnvorstellungen: „Es war mir, als könne ich durch das Wetterglas hindurch in eine andere Welt schauen“ (S. 30). Die Augen in «Der Sandmann» dienen nicht nur als Zugang zur Welt. Sie fungieren zusätzlich als Instrumente der Täuschung sowie des Wahns.

In der faszinierenden Welt der Romantik stellt das Augenmotiv die spannende duale Beziehung zwischen Rationalität sowie Fantasie dar, die diese Epoche ganz eindeutig prägt. Nathanael kann einfach nicht zwischen Realität und Illusion unterscheiden, was letztendlich sein Verhängnis wird. Die Augen zeigen sowohl unseren Versuch, die Welt zu erkennen, als auch die Gefahr, von ihr überwältigt zu werden. Nathanaels tragisches Ende zeigt deutlich die überraschende Ambivalenz. Es hebt seine totale Verstrickung in eine wahnhafte Wahrnehmung zusätzlich hervor.

Das Augenmotiv öffnet somit gewissermaßen ein Fenster zu Nathanaels Charakter. Es dient zusätzlich als kraftvolle Metapher für die zentralen Themen der Erzählung, nämlich die Fragilität der Wahrnehmung sowie die zerstörerische Kraft der Fantasie.

Metatext

-          E.T.A. Hoffmann (2003): Der Sandmann. Text und Kommentar. Kommentiert von Peter Braun. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

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