Im Ergänzungsfach Sport setzen wir uns seit geraumer Zeit intensiv mit dem Thema Krafttraining auseinander. Besonders spannend fand ich dabei die Frage, was unsere körperliche Leistungsfähigkeit tatsächlich bestimmt.
Als jemand, der selbst regelmässig ins Fitnessstudio geht, hatte ich bisher vor allem die Grösse der Muskeln im Blick – je mehr Masse, desto mehr Kraft, dachte ich. Auch in den sozialen Medien wird dieses Bild immer häufiger vermittelt: Fitness-Influencer präsentieren beeindruckende Körper und suggerieren, dass ein grosser Bizeps oder breite Schultern automatisch mit überdurchschnittlicher Kraft gleichzusetzen sind. Dabei zeigte sich im Unterricht rasch, dass dieses Bild nur einen Teil der Wahrheit abbildet. Es gibt Menschen mit weniger sichtbarer Muskelmasse, die genauso viel, wenn nicht sogar mehr Gewicht bewegen können.
Deshalb möchte ich in meinem Blog genauer beleuchten, warum Muskelmasse allein noch keine echte Kraft bedeutet und was es wirklich braucht, um stark zu sein.
In meinem Training habe ich vieles umgestellt, um gezielt an meiner Maximalkraft zu arbeiten. Früher lag mein Fokus hauptsächlich auf Muskelwachstum: klassische Hypertrophie mit 3–4 Sätzen zu je 10 Wiederholungen, mittlere Gewichte, wenig Pause. Das brachte sichtbare Ergebnisse, aber bei schweren Grundübungen stagnierte meine Leistung. Heute weiss ich, dass für echte Kraftentwicklung andere Trainingsreize entscheidend sind.
Ein zentrales Element, das ich geändert habe, ist die Wiederholungszahl. Um meine Maximalkraft zu steigern, trainiere ich jetzt regelmässig mit sehr hohen Lasten 85 bis 95 % meines 1RM (One-Rep-Maximum) und reduziere die Wiederholungen auf 3 bis 5 pro Satz. In diesen Einheiten konzentriere ich mich darauf, die Bewegung kontrolliert und technisch sauber auszuführen. Ziel ist es, möglichst viele Muskelfasern gleichzeitig zu aktivieren das nennt man intramuskuläre Koordination. Sie entscheidet darüber, wie viel Kraft ich aus dem vorhandenen Muskelvolumen tatsächlich nutzen kann.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Pausengestaltung. Früher habe ich zwischen den Sätzen nur eine Minute Pause gemacht. Jetzt weiss ich, dass das bei Maximalkrafttraining nicht ausreicht. Ich gönne mir zwischen den Sätzen 3 bis 5 Minuten Pause, um sicherzustellen, dass mein zentrales Nervensystem wieder vollständig leistungsfähig ist. Denn nicht die Muskeln allein limitieren die Kraftleistung, sondern auch das Nervensystem. Nur wer ausgeruht an die nächste Wiederholung geht, kann den vollen Reiz setzen.
Auch die Auswahl der Übungen habe ich angepasst. Statt Maschinenübungen liegt mein Schwerpunkt auf mehrgelenkigen Grundübungen wie Kreuzheben, Kniebeugen, Bankdrücken und Überkopfdrücken. Diese beanspruchen mehrere grosse Muskelgruppen gleichzeitig und fordern das Zusammenspiel zwischen ihnen – das nennt man intermuskuläre Koordination. Wenn bei einer Kniebeuge Gesäss, Rückenstrecker und Oberschenkel perfekt zusammenarbeiten, wird mehr Kraft freigesetzt als bei isolierten Beinpressen.
Darüber hinaus habe ich Explosivkrafttraining in meinen Plan integriert, um die Ansteuerung der Muskelfasern zu verbessern. Ich arbeite dabei mit moderaten Gewichten (ca. 60 % des Maximums) und konzentriere mich auf eine schnelle, explosive Bewegungsausführung – zum Beispiel beim Squat oder Push Press. So trainiere ich gezielt meine Fähigkeit, Kraft schnell zu entwickeln, was sich auch positiv auf die Maximalkraft auswirkt.
Durch diese Anpassungen – schwerere Gewichte, weniger Wiederholungen, längere Pausen, komplexere Übungen und gezielte Erholung – habe ich meine Maximalkraft spürbar gesteigert. Kraft entsteht nicht nur im Muskel, sondern im Zusammenspiel von Technik, Koordination und mentaler Ansteuerung. Genau das ist heute mein Trainingsfokus.